30.06.2017

Eurythmieabschluss der 12. Klasse


Bewegter Schritt ins echte Leben

Vor den Großen Ferien müssen die Schülerinnen und Schüler der Klasse 12 an der Freien Waldorfschule Ludwigsburg ihren Eurythmie-Abschluss absolvieren

Für die Schülerinnen und Schüler ist es fast das Allerletzte. In knapp zwei Wochen geht für einige von ihnen nach zwölf Jahren die Schulzeit zu Ende, sie haben den Abschluss geschafft und sitzen praktisch schon auf den gepackten Koffern für die Sommerferien. In dieser Woche aber heißt es noch ein letztes Mal volle Konzentration, volle Kraft und volle Hingabe für den Eurythmie-Abschluss.

Zwölf Jahre Schulzeit, das bedeutet an einer Waldorfschule auch zwölf Jahre Eurythmie. Das Fach ist für die Schüler mit den Jahren so selbstverständlich geworden wie Musik oder Mathematik. Auch wenn Menschen außerhalb einer Waldorfschule kaum etwas mit dem Wort Eurythmie verbinden, die Zwölftklässler, die in dieser Woche jeden Tag von acht bis 14 Uhr im Festsaal an ihren Bühnenstücken arbeiten, tun das sehr wohl. Über die Schuljahre hat sich jeder von ihnen ein mehr oder weniger großes Repertoire an Formen und Gesten erarbeitet.

Nun dürfen sie diese zum ersten Mal frei anwenden und ein Gedicht, ein Lied oder ein Musikstück ihrer Wahl in Bewegung umsetzen..

„Es ist wie im echten Leben“, sagt Andrea Staudt, „irgendwann schreibt Dir keiner mehr vor, was Du tun und lassen sollst“. Die Schüler sollen daher beim Eurythmie-Abschluss selbst entscheiden, was sie tun, und wie sie es tun. Entsprechend zurückhaltend leitet die erfahrene Eurythmie-Lehrerin auch die Proben an. Manchmal gibt sie einen kurzen Tipp, erklärt schnell eine Geste oder steigt auch mal selbst auf die Bühne, läuft ein paar Schritte mit, um den Schüler oder die Schülerin in die richtige Stimmung zu versetzen. Dann aber verschwindet sie schnell wieder im Hintergrund und nimmt wieder die Rolle des Beobachters ein.

Gerade sind Luca Bäumlisberger und Jannik Wanke auf der Bühne. Sie haben sich das Stück „Perpetuum mobile“ von Fazil Say ausgesucht. Ein wildes und virtuoses Stück für Violine und Klavier, das die beiden sportlichen Teenager mit rasanten Sprüngen und schnellen Schritten im Raum sichtbar werden lassen. Sie denken, dass sie auch nach ihrer Schulzeit von dem profitieren können, was sie im Fach Eurythmie gelernt haben. „Die Wahrnehmung von anderen Menschen im Raum wird geschult. Ich weiß, was mein Partner macht, auch ohne hinzuschauen", sagt Luca. Das kann bei allen Aufgaben helfen, bei denen Teamgeist gefragt ist, meint der Hobby-Handballer.

Während sich Jannik und Luca nach ihrer Kraft raubenden Interpretation eine Verschnaufpause gönnen, gehört die Bühne Sine Jehle und ihrer Freundin Luca Rommel. Sie zeigen den Czardas von Vittorio Monti, ein Stück, das Sine aus dem Geigenunterricht kennt. Jetzt hat sie nicht nur die Geige und den Bogen, um die Musik lebendig werden zu lassen, sie darf ihren ganzen Körper einsetzen: Arme und Hände, Hüften und Beine, die Haltung des Kopfes und den Gesichtsausdruck. Das gefällt ihr am Fach Eurythmie. „Man ist viel freier“, sagt die junge Erwachsene.

Trotz großer Freiheit üben die beiden Freundinnen konzentriert und selbstständig. Vor allem bei den schnellen Passagen ist es schwierig, im richtigen Rhythmus zu laufen. Lehrerin Staudt freut sich über den freiwilligen Trainingseifer. „Das ist erwachsenes Verhalten“, ruft sie beiden aufmunternd zu. Dabei wirkt sie angespannt und locker zugleich. Angespannt weil es bis Samstagabend um 17 Uhr, wenn der Festsaal voll Zuschauer sein wird, noch so viel zu tun gibt. Und locker, weil sie aus Erfahrung weiß, dass alle ihre Schülerinnen und Schüler den bewegten Schritt ins echte Leben sicher meistern werden.

Alle geprobten Stücke kommen am Samstag, den 15. Juli um 17 Uhr im Festsaal der Waldorfschule in der Fröbelstraße zur Aufführung. Gäste sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.